Schlang & Reichart dans les médias

Profis mit Tradition

Hart im Nehmen - Forsttechnik von Schlang & Reichart

Zu Beginn der 1970er Jahre gab es die Schlang & Reichart Maschinenfabrik in Marktoberdorf bereits 25 Jahre lang. Der von Franz Schlang und Anton Reichart 1945 gegründete Betrieb hatte sich längst zu einem anerkannten Ausrüster für die professionelle Forstwirtschaft entwickelt: Bis 1970 hatten die Allgäuer bereits über 25.000 Seilwinden verkauft.

 

Die schrittweise seit 1968 eingeführte hydraulische Schaltung /Gemäß den Unfallverhütungsvorschriften) funktionierte über handbetätigte Steuergeräte vom Schleppersitz aus und war inzwischen in allen Typen verbaut. Darüber hinaus hatte S & R bereit 1969 eine weitere Neuheit ins Bauprogramm aufgenommen - Zwillingsseilwinden vom Typ 240/260. In diesen mächtigen Aggregaten, die 2 x 4 Tonnen, bzw. 2 x 6 Tonnen mittlere Zugkraft aufbrachten, verbauten die Marktoberdorfer erstmals Sintermetall-Lamellenkupplungen und Sintermetall-Lamellenbremsen. Schlag auf Schlag ging es weiter: 1974 präsentierte man sein neues, erweitertes Seilwindenprogramm. Erprobt hatte man die Geräte gewissermaßen "vor der Haustür" - da Allgäu bot dazu ideale Bedingungen, und an interessierten Kunden oder Mitarbeitern, die gerne mit den jüngsten Prototypen in den Wald zum Rücken gingen, mangelte es naturgemäß nie. Erstmals besaßen die S & R-Winden, egal ob für Dreipunkt- oder Festanbau, ob Eintrommel- oder Zwillings-Aggregate, einen sepearaten Ölkreislauf mit eigener Pumpe und eigenem Tank - so arbeitete man unabhängig von der Schlepperhydraulik. Eine Sonderstellung hatte die schwere Spezialwinde FW 51/R, ein professionelles 6-Tonnen-Aggregat für Holzrücker und Industrieanwendungen, das seine bisherige Bauform behielt.

 

Im 1974er Typenprogramm gab die Firma Schlang & Reichart erstmals die maximale Nutzlast ihrer Arbeitsmaschinen an. So wurden etwa bei der FW 51 aus bisher sechs Tonnen mittlerer Nutzlast (entsprechend der mittleren Seillage) 7,8 Tonnen Maximalwert. Entsprechend benannte S & R seine Doppeltrommelwinden gleich um: Aus den bisherigen Typen 240 und 260 wurden jetzt die Modelle 250 (2 x 5 Tonnen maximale Nutzlast) und 270 (2 x 7 Tonnen maximal). Neu hinzugekommen war die 230er Zwilingswinde (2 x 3 Tonnen). Alle drei Doppeltrommel-Aggregate waren für den, damals noch voherrschenden, Festanbau mittels Anbaukonsole konstruiert und besaßen höhenverstellbaren Seileinlauf, eine hydraulische Tragbergstütze, sowie den obligatorischen Zapfwellenanschluss und eine Anhängekupplung. Ab 60 PS Schlepperleistung waren für die starke 250 empfohlen; die Seillänge betrug pro Trommel 70 Meter bei 11 mm Durchmesser. In den 1980er Jahren stellte S & R auf ein dickeres 12 mm-Seil um.

 

Ein solches komplettes 250er Rückeaggregat brachte über eine Tonne Gewicht ans Schlepperheck. Auch beim Spitzenmodell 270 setzte man ab circa 1985 ein dickeres 70 Meter x 14 mm Stahldrahtseil standardmäßig ein, wobei die maximale Nutzlast auf 7,3 Tonnen pro Trommel stieg. Dieses Aggregat sollte an Traktoren ab 75 PS betrieben werden. Alternativ konnte auch eine Zwillingswinde für den Dreipunktanbau, Typ 231, bestellt werden. Sie wurde ansteckfertig, zur Aufnahme im Krafthebergestänge, geliefert und empfahl sich durch die sehr kurze Rüstzeit insbesondere für Großbauern, die Land- und Forstwirtschaft betrieben. Der Antrieb erfolgte per Gelenkwelle von der Schlepperzapfwelle. Nachteil dieser Bauart: Die schwere Winde ist etwas weiter hinten platziert als beim Festanbau, was sich ungünstig auf den Schwerpunkt des Schleppers auswirkt. Dreipunktwinden besaßen eine spezielle Bergstütze/ Rückeschild mit Stützbeinen. Ein Zusatzschild war lieferbar. Mit 2 x 3 Tonnen maximaler Nutzlast eignete sich die 231 für Schlepper ab 48 PS.

Neben den eindrucksvollen und kostspieligen Zwillingswinden bot S & R natürlich auch Eintrommel-Modelle an - ebenfalls in der neuen Ausführung mit eigenem Ölkreislauf. Die Typen 510 ( 5 t maximale Nutzlast) und 710 (7 t) besaßen ein schmales Gehäuse, so dass sie gut - im Festanbau - zwischen die Hubarme des Dreipunktgestänges ans Traktorheck passten: Das Kraftheber-Gestänge konnte also am Schlepper verbleiben. Beide Modelle verfügten über eine dreifach höhenverstellbare Schwenkrolle am Seileinlauf und eine Tragbergstütze, die zum Anbau an den Unterlenkern vorgesehen war. Bewegt wurde das Rückeschild über die Krafthebersteuerung. Auf Wunsch konnten Forstwirte aber auch ein Rückeschild mit doppeltwirkenden Hydraulikzylindern bekommen.

 

Wer den Dreipunktanbau bevorzugte (Kat. 1 oder 2), orderte bei S & R die 5-Tonnen Variante Typ 511. Diese Aggregat basierte auf der 510 (Festanbau) und benötigte ebenfalls einen Traktor mit gut 40 PS Leistung. Die robuste Konstruktion dieses Arbeitsgerätes eignete sich insbesondere für Waldbauern und Holzrücker, die etwa 1.000 Festmeter jährlich bearbeiteten - und wurde zu einem echten Bestseller: Über Jahrzehnte bescherte die nur 340 Kilo schwere 511er Winde den S & R-Verkäufern zufrieden Gesichter und enorme Stückzahlen.

 

Mit einem Preis von DM 6.950,- netto (per 1.2.1975) war diese Dreipunkt-Maschine 2.000,- Mark günstiger als das gleich starke Festanbau-Aggregat 510. Nur zur größenmäßigen Einordnung: Das  Profi-Doppeltrommel-Aggregat Typ 250 stand im gleichen Jahr mit DM 19.945,- in der Preisliste - das entsprach in etwa der Hälfte eines 75 PS-Fendt Farmer 108SA. Traktorenbauer wie Fendt, Schlüter oder Eicher boten zu dieser Zeit oft ergänzende Forstausrüstungen für ihre Maschinen an, um den Kunden gleich einen komplette einsatzbereiten Schlepper liefern zu können. Dazu gehörten beispielsweise Ventil-, Spurstangen- und Unterbodenschutz. Die Winden selbst lieferte Schlang & Reichart meist direkt an den jeweiligen Hersteller zum Verbau. In einem Sonderprospekt von 1974 empfiehlt Fendt etwa die Modelle Farmer 106/ 108 SA (65/ 75 PS), sowie die Sechszylinder Typen Favorit 610 SA (85 PS) und 611 SA (105 PS); natürlich auch wegen des lastschaltbaren Allradantriebs und der vorteilhaften Turbokupplung. "Gut auf Fendt-Schlepper abgestimmt sind die Winden von Schlang & Reichart und Nagel", hebt Fendt hervor.

 

Aufwändigere Sonderlösungen wie den Frontanbau einer Doppeltrommel-Winde oder den Windenaufbau auf einem Knicklenker realisierte Schlang & Reichart hingegen selbst. In den 1970er Jahren entstanden auch komplette Fahrzeugumrüstungen, vom Schutzrahmen bis zur Sonderbereifung, nach Kundenwunsch in Marktoberdorf. Auch Astabweiser, Schutzteile für Beleuchtung, Kabine und Schlepperboden, sowie Frontpolderschwingen, absteckbare Kotflügel und verstärkte Aufsteige waren direkt bei S & R erhältlich. Darüber hinaus listeten die Allgäuer - in ihrem deutlich erweiterten Lieferprogramm - noch eine Selbstbergewinde (Typ 126) auf, die von einem Ölmotor angetrieben wurde. Und auch der überarbeitete Rückewagen 31.2, ein 5-Tonnen-Aggregat für den Dreipunktanbau, nahm eine Sonderstellung ein: Durch seine Stützräder ermöglichte diese Konstruktion einem leichten Schlepper das Aufnehmen von schwererer Last.

 

Ein ganz neues Produkt im S & R-Programm war ein Rückeanhänger für Stammholz, der 1985 debütierte. Der 8 rm (Raummeter) Kurzholz fassende Typ 4080 (System Ruf) besaß ein geländegängiges Boogie-Achsaggregat und einen aufgebauten Ladekran mit maximal 4,7 m Reichweite. Bis zu acht Tonnen durfte der Anhänger, voll beladen, wiegen. Das Winden-Programm für 1985 beinhaltete bei allen Typen nun dickere Stahldrahtseile, und als günstiges Einstiegsmodell kam die 4-Tonnen-Dreipunktwinde 411 mit mechanischer Steuerung hinzu. Bei allen Modellen war hydraulische Schaltung mittels Steuerschiebern nach wie vor Standard. Elektrische Drucktastensteuerung per Kabelfernbedienung und Funkfernbedienung gewannen aber an Einfluss.

 

Schlang & Reichart hatte derartige Funksteuerungen schon 1974 als Extra angeboten, aber die Sender- / Empfängereinheit kostete damals so viel wie eine komplette Winde der gehobenen Leistungsklasse! Für dies Sonderausstattung wurden jeweils Elektro-Magnetventile benötigt, was einen geänderten Steuerblock nach sich zog. In den 1980er Jahren wurde die Funksteuerung mehr und mehr zum Thema - sie war sicherer und ermöglichte produktiveres Arbeiten, denn der Bediener hatte kürzere Wege und war nicht mehr an den Schleppersitz "gebunden".

 

Und eine neue Windengattung setzte sich zu dieser Zeit durch - Steckwinden. An den Lochschienen des höhenverstellbaren Schlepper-Zugmauls wurde eine Steckkonsole angebaut. So war die Seilwinde näher an der Kabine postiert als beim Dreipunkt-Anbau, was im Vergleich für einen günstigeren Schwerpunkt sorgte. Vier robuste Bolzen sicherten das Aggregat.

 

Der Umrüstaufwand war zwar größer als beim Dreipunktanbau - auch Hydraulik- und Elektrikanschlüsse mussten versetzt werden - aber für professionelle Anwender, die sommers in der Landwirtschaft arbeiteten und in der Wintersaison im Wald, spielte das keine Rolle. Auch für Kommunen boten sich Steckwinden an. Nachdem Schlang & Reichart schon 1973 die Zwillingswinde 230 als Steckvariante angeboten hatte, war daraus bis Ende der 1980er Jahre ein richtiges Programm mit fünf Typen geworden.

 

Zugleich wurde umbenannt: Dreipunktwinden hatten jetzt eine "1"  am Anfang und Steckwinden eine "2". 251 bedeutete: Steckanbau, 55 kN Zugkraft an der unteren Seillage, entsprechend circa 5,5 Tonnen Last, und die hintere "1" bezeichnete ein Eintrommelaggregat. Entsprechend gab es etwa die Zugstärkere 271-Winde und die Doppeltrommelausführungen 232 (2 x 30 kN) und 252 im Steckanbau.

 

Die Dreipunktwinden, deren Verkaufszahlen nach oben zeigten, bekamen Ende der 1980er Jahre nicht nur neue Typenziffern, sondern auch ein neues Aussehen. Das gesamte Aggregat mit Antrieb, Seiltrommel, Ölpumpe und Tank saß nun "versteckt" hinter einem großen einteiligen Rückeschild. Mit den Eintrommeltypen 151 und 171, sowie den Zwillingswinden 132 und 152 deckte man einen Bereich von drei Tonnen bis zu 7,3 Tonnen Last, pro Trommel, ab. Später ergänzten weiter Typen wie das 4-Tonnen-Modell 141 und die 8-Tonnen-Maschine 181 das Dreipunkt-Forstprogramm.

 

In den 1990er Jahren traten die Allgäuer längst als Komplettausrüster auf. Weiterentwickelte Rückewagen, auf Wunsch mit Eigenantrieb per Radnabenmotoren; Lade- und Rückekrane und natürlich Seilwinden für jeden Anwendungszweck - im Festanbau, Steckanbau oder über den Dreipunkt-Kraftheber - waren lieferbar. 1998 schaffte man mit einer eignen Funkanlage den Durchbruch bei der Fernsteuerung. Sämtliche Typen, auch die Zwillingsaggregate, ließen sich als Funkwinde bestellen - samt Notruf-Funktionen und Motordrehzahlverstellung.

 

Auch an einer Schlepperkonstruktion war Schlang & Reichart beteiligt. Auf der Agritechnica 2009 stellte die Werner Forst- und Industrietechnik gemeinsam mit S & R den Systemschlepper Wario vor. Die mit stufenlosem Getriebe und drehbarer Werner-Kabine ausgestattete Maschine basierte auf den Fendt Favorit-Allradtraktoren 714/820 Vario. Es wurde eine Kommunal- und eine Forst-Ausführung präsentiert; letztere mit Schlang & Reichart Doppeltrommel-Frontwinde FW 383 und Palfinger-Rückekran. Später verfolgte Werner das Wario-Projekt allein weiter.

 

Die Eigentümerverhältnisse in Marktoberdorf hatten sich inzwischen geändert. Erich Schlang, Sohn von Franz Schlang, führte das Unternehmen von 1984 bis 1986. Die folgenden 7 Jahre übernahm Peter Fendt aus der Familie des Traktorenbauer Xaver Fendt & Co. die Leitung von Schlang & Reichart. Ab 1993 agierte eine neue Doppelspitze mit Jürgen Magg und Matthias Hafenmayr; letzter wurde im Jahr 2000 zum alleinigen S & R Inhaber, ehe er das Unternehmen 2013 an Paul Pfanzelt verkaufte. Die 1991 gegründete Pfanzelt Maschinenbau GmbH, Spezialisiert für Forst- und Sondermaschinen, übernahm die gesamt Belegschaft, das S & R Produktprogramm, sowie Ersatzteilversorgung und Kundendienst. Im Lauf des Jahres zog Schlang & Reichart an den Pfanzelt-Standort Rettnbach um; nur zehn Kilometer von Marktoberdorf entfernt: Seither wird gemeinsam entwickelt und produziert.

 

2014 stellte Schlang & Reichart auf der Interforst die aktuelle Windengeneration für Forstprofis udn Lohnunternehmer vor. Und seit letztem Jahr sind die Allgäuer Geräte-Systempartner für den Unimog - in der über 70-jährigen Firmengeschichte des Forstausrüsters Schlang & Reichart hat ein neues, interessantes Kapitel begonnen.

 

Gerald Sandrieser - Traktor spezial 4/2016

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