Schlang & Reichart dans les médias

Mit der Kraft der drei Winden (Forstmaschinenprofi)

Rund fünf Tonnen Leergewicht, 110 PS, Seilwinden mit sechs bis sieben Tonnen Zugkraft – das klingt nicht sonderlich spektakulär. Setzt man die Daten jedoch in Relation zum Baujahr des Schleppers, sieht das schon ganz anders aus: Der Schlüter Super 1250 V „Drilling“ stammt aus dem Jahr 1969.

Um es gleich klarzustellen: Die Bilder, die den Oldtimer-Schlüter beim Langholzschleifen zeigen, sind kein „Fake“ (neudeutsch für Schwindel oder eine Vortäuschung falscher Tatsachen). Zwar sollte das Holz zum Zeitpunkt unseres Besuchs eigentlich noch nicht gerückt werden; Dieter Lochner, der Besitzer des Super 1250 V, läßt es sich aber nicht nehmen, uns die Leistungsfähigkeit seines stählernen Lieblings vorzuführen. Dabei beeindruckt besonders, wie spielerisch der 45 Jahre alte Traktor auch mit stärkstem Holz umgeht: Der Reihen- Sechszylinder schnurrt niedertourig vor sich hin, kein Ächzen oder Knarzen deutet auf Überlastung von Chassis, Achsen oder Getriebe, sprich man hat nie das Gefühl, hier würde eine Legende gequält. Das wäre auch wirklich schade, denn der Schlüter mußte bereits in seinem ersten Leben einiges wegstecken: Lange Jahre tat er tagein, tagaus seinen Dienst im Rheinischen Braunkohlerevier. Statt Holz aus dem Bestand zu rücken waren dort das Ziehen von Tiefladern und Spannen von Förderbändern seine Aufgaben. Hinten an der Dreipunktaufnahme war zudem ein Mulcher montiert, der zum Rekultivieren im Tagebau genutzt wurde.

Dieter Lochner entdeckte den Schlüter vor einigen Jahren per Zufall, er sah ihn im Vorbeifahren in einem Schuppen stehen. Die erste Begutachtung des Super 1250 V ließ bereits Schlimmes erahnen, doch vorerst wollte sich der Besitzer eh nicht von seinem ramponierten Gefährt trennen. Einige Zeit später wurde man sich aber doch handelseinig und der Schlepper wechselte den Besitzer. Welche Summe Lochner zahlte, verrät er nicht – wohl aber, daß es nicht besonders viel war. Warum? „Der Schlepper war einfach fertig“, erzählt der Mittelfranke. Beispiele gefällig? „Das Getriebegehäuse war gerissen, die vorderen Antriebswellen ausgeschlagen und im Motor herausgerissen.“ Oha, das hört sich nach einer Menge Arbeit an. Tatsächlich sollten fast sechs Jahre ins Land gehen, ehe Lochner zu Pfingsten 2013 die Wiederauferstehung seines Drillings feiern konnte. Diese lange Zeit benötigte Dieter Lochner zum einen, da er als Selbständiger zusammen mit seinem Sohn Armin die Geschicke der Lochner Forsttechnik KG leitet, um den Schlüter konnte er sich also nur in der knapp bemessenen Freizeit kümmern. Zum anderen machte er bei der Restaurierung Nägel mit Köpfen: Der Schlüter wurde komplett zerlegt, der Rahmen gesandstrahlt, das Getriebe geschweißt, sämtliche Dichtungen erneuert und natürlich alles neu lackiert.

Daß sich der ganze Aufwand gelohnt hat, wird wohl niemand in Frage stellen, einen echten Fan entschädigt alleine der Anblick des restaurierten Schlüter für alle Strapazen. Man kann sich gut vorstellen, daß der Zustand nahezu dem entspricht, wie er 1969 bei Werksauslieferung vorherrschte – einzig über die alten Reifen hätte sich der Erstbesitzer vermutlich beschwert, die United Forstreifen in der Größe 18.4-34 sind zumindest auf der Hinterachse über 30 Jahre alt ... Nicht darüber beschwert, sondern einfach nur Bauklötze gestaunt hätte der gute Mann anno 1969 beim Anblick der HBC-Funksteuerung; sie ist aber auch das einzige nicht-originalgetreue Detail am Schlüter. Der Super 1250 tauchte erstmals Ende 1968 im Schlüter-Programm auf. Optional gab es ihn wie alle größeren Schlüter auch mit Allradantrieb, dann hieß er Super 1250 V (V steht für Vierradantrieb). Die allermeisten Kunden orderten die Allradversion, so daß der hinterradgetriebene Super 1250 ab 1971 nicht mehr angeboten wurde. Wie wichtig diese Ausstattung bereits zur damaligen Zeit war, zeigen folgende Zahlen zum etwas kleineren Typ Super 950: 97 Prozent der Käufer wählten die Allradversion, aber nicht einmal 20 Prozent bestellten ihren Schlepper mit Kabine. Doch zurück zum Super 1250 V. Der Traktor ist nach heutigen Maßstäben richtig kompakt, gerade einmal 2,15 Meter breit und mit 4,39 Metern kaum länger als ein VW Golf. Das Leergewicht von rund 4,7 Tonnen deutet aber an, daß Schlüter nicht am Material gespart hat, außerdem verbirgt sich unter der rundlichen Haube ein gewichtiges Detail namens SDM 110 W 6. Hierbei handelt es sich um den legendären Reihen- Sechszylinder, der runde 600 Kilogramm auf die Waage bringt. Auf der Habenseite stehen zum einen kerniger Sound, aber auch respektable 110 PS bei 1.800 U/min und 441 Nm, die bereits bei 1.300 Kurbelwellen-Rotationen anliegen. Zum Modelljahr 1970 erhöhte Schlüter die Leistung auf 115 PS, das Drehmoment betrug dann 470 Nm bei unveränderten Drehzahlen. Der 7,1 Liter große Direkteinspritzer wurde noch bis zum Jahr 1987 eingesetzt.

Gekoppelt ist der Motor mit einem Zwölfgang- Getriebe des Herstellers ZF, das auf Wunsch mit Kriechgängen ausgestattet und mit einer Turbokupplung ergänzt werden konnte. Auch Dieter Lochners Super 1250 V verfügt über diese Kupplung, die besonders beim Holzrücken die normale Kupplung schont, wie Lochner zu berichten weiß. Außerdem gab es eine ganz besondere Option für das Getriebe: einen Seiten-Abtrieb, der an die Schlepperfront führt. Diese Umrüstung wurde nicht vom Getriebehersteller ZF, sondern direkt von Schlüter durchgeführt, erzählt Dieter Lochner. Die offen rotierende Welle seitlich am Schlepper mutet heutzutage schon etwas skurril an, doch das Sicherheitsdenken war damals halt noch längst nicht so stark ausgeprägt – auf Wunsch gab es den Schlepper sogar noch mit Riemenscheibe zum Antrieb von stationären Dreschmaschinen und ähnlichen Geräten ...

Der Seiten-Abtrieb leitet die Kraft zu Anbaugeräten an der Schlepperfront, ausgeliefert wurden die Schlüter aber stets ohne solches Zubehör. Gedacht war der Front- Anbauraum für eine Seilwinde, Schlang & Reichart (S+R) entwickelte speziell dafür das Modell FW51. Diese Winde besitzt bereits eine angetriebene Seil-Zwangsaufspulung; das hört sich zwar durchaus praktikabel an, doch leider muß diese beim Ausspulen mitbewegt werden, gibt Dieter Lochner zu bedenken, und das würde diese Arbeit recht kraftraubend machen. Dafür ist die Winde umso kräftiger: Mit ihren nominell 8,5 Tonnen Zugkraft zieht die Winde in der Praxis besser als viele moderne Winden mit höherer Zugkraft-Angabe, so Lochners Erfahrung: „Da bringt man das Zwölfer Seil problemlos zum Knistern.“ Nicht umsonst lieferte S+R die FW51 serienmäßig mit 15er Seil aus. Bei Verwendung eines solch starken Seils passen immer noch 95 Meter auf die Trommel, bei 13 Millimeter Seilstärke muß die Winde erst bei 125 Metern klein beigeben. Übrigens war es damals üblich, die mittlere Zugkraft anzugeben; und auf der mittleren Seillage zieht die FW51 immer noch glatte sechs Tonnen. Weshalb sich irgendwann die praxisfremde Zugkraft-Angabe auf der untersten Seillage einbürgerte, wissen wir leider auch nicht – wer zieht denn pausenlos mit voller Seillänge?

Die FW51 kann nicht nur zum Selbstbergen genutzt werden, sondern auch für schwere Rückearbeit. Für solche Einsätze läßt sich das Seil unter dem Schlüter entlangführen, so daß Holz wie gewohnt hinten angehängt werden kann. Ein Aufbäumen des Schleppers wird so verhindert, lediglich die Front des Schlüters zieht es nach unten. Da die Seilauszugskräfte durch die Führungen unterm Schlepper noch größer werden, nutzt man zum Rücken aber meist die beiden hinteren Winden. Auch diese stammen von Schlang & Reichart und erreichen jeweils sechs Tonnen mittlere Zugkraft – das gilt zumindest für einen serienmäßigen Drilling aus den späten 1960ern beziehungsweise frühen 1970ern. Dieter Lochners Super 1250 V war aber bekanntlich mit einem Mulcher bestückt, weshalb er einen zweiten Schlepper ausschlachtete; dieser stammte aus dem Jahr 1976 und verfügte bereits über ein verbessertes Windenaggregat mit zweimal 7,3 Tonnen mittlerer Zugkraft. Es bietet auch eine größere Seilkapazität als die erste Version des „Type 260“, auf die laut S+R 70 Meter Seil in 13er Stärke passen. Lochners Schlüter hat auf beiden Trommeln 100 Meter Zwölfer Seil gebunkert.

Die Kraft der Heckzapfwelle wird per Winkelantrieb weitergeleitet, „es gibt keinen Kettenkasten wie bei anderen Herstellern“, freut sich Dieter Lochner. Auch bei der Arbeit mit den Heckwinden ist die Aufbäumneigung des Schlüter gering, was nicht zuletzt dem Gegengewicht in Form der 650 Kilogramm schweren Frontwinde zu verdanken ist. Den Drilling lieferte Schlüter also logischerweise ohne Frontgewicht aus, außerdem wurde die Motorhaube gekürzt, damit die Winde näher am Fahrzeug sitzt.

Als Drilling bot Schlüter die Typen Super 750, 850, 950 und 1250 an. Dieter Lochners 1250 V stammt aus dem Jahr 1969, weshalb er noch die runden Kotflügel besitzt; im Jahr 1970 überarbeitete Schlüter nämlich seine gesamte Modellpalette, alle Typen trugen fortan eckige Kotflügel. Die an der Vorderachse von Lochners Schlüter verbauten Trommelbremsen gab es gegen Aufpreis, serienmäßig wurden nur die Hinterräder gebremst.

Übrigens bot Schlüter ab 1969 auch spezielle Grundmodelle für den Forsteinsatz an. Diese „SV“-Typen erhielten das Fahrgestell des jeweils nächstgrößeren Modells, beispielsweise basierte der Super 1250 SV auf dem 1500 TV, hatte aber den schwächeren Motor des 1250. Die SVSchlüter wurden nur äußerst selten geordert, insgesamt sind nicht einmal 80 Exemplare gebaut worden. Vom Super 1250, wie er die Basis des hier vorgestellten Drillings bildet, wurden immerhin 640 Stück produziert; echte Drillinge gibt es allerdings kaum noch, Dieter Lochner weiß lediglich von zwei weiteren Exemplaren in Deutschland – dabei besaß er früher selber insgesamt drei Drillinge, die er allesamt wieder verkaufte. Diesen gibt er jedenfalls nicht wieder her, da sind wir uns sicher, schließlich stellt er selbst unter Lochners sieben Schlüter-Traktoren eine echte Besonderheit dar. Der Schlepper wird natürlich nicht mehr regelmäßig im Wald eingesetzt, darf aber immer wieder bei Bergungen oder ähnlichen Aktionen zeigen, was in ihm steckt – und das ist eine ganze Menge!

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